Darauf eine Schnecke - Tito Vilanova, Trainer und Gourmet 11FREUNDE

Kurz vor Weihnachten traf das Schicksal Fransec Vilanova mit voller Wucht. Bei dem Mann, den in Spanien alle nur Tito nennen, wurde Ohrspeicheldrsenkrebs diagnostiziert. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. Im November 2011 war der Trainer des FC Barcelona schon einmal wegen dieser Krankheit operiert worden. Er galt als geheilt. Dann kehrte der Krebs zurck.

Kurz vor Weih­nachten traf das Schicksal Fransec Vil­a­nova mit voller Wucht. Bei dem Mann, den in Spa­nien alle nur Tito nennen, wurde Ohr­spei­chel­drü­sen­krebs dia­gnos­ti­ziert. Zum zweiten Mal inner­halb weniger Monate. Im November 2011 war der Trainer des FC Bar­ce­lona schon einmal wegen dieser Krank­heit ope­riert worden. Er galt als geheilt. Dann kehrte der Krebs zurück. Und Vil­a­nova? Der ver­sam­melte seine Spieler um sich und sprach: Ich werde für einige Zeit nicht mehr hier sein, aber ich komme bald wieder zurück. Macht euch keine Sorgen.“

Mor­gens Paella und danach Kino

Das ver­meint­lich Bedeut­same nicht so wichtig zu nehmen, ist eine Cha­rak­ter­ei­gen­schaft von ihm. So hält er es seit jeher, auch wenn es um Fuß­ball geht. Ob er sich den kom­menden Gegner im Fern­sehen anschauen würde, wurde er einmal gefragt. Vil­a­nova zögerte keinen Moment. Mit fester Stimme sagte er: Morgen esse ich Paella und danach gehe ich ins Kino. Das Ergebnis werde ich ja spä­tes­tens Mon­tag­morgen zu hören bekommen.“ Der anste­hende Gegner war Real Madrid.

Die Spieler lieben ihn für seine tro­ckene Sach­lich­keit. Als Josep Guar­diola im April nach vier Jahren mit 14 von 19 mög­li­chen Titeln seinen Rück­tritt erklärte, war es unter anderem die Mann­schaft, die sich für Vil­a­nova als Nach­folger aus­sprach. Viele Spieler, etwa Cesc Fab­regas, Lionel Messi oder Gerard Piqué spielten unter ihm bereits in Bar­ce­lonas Nach­wuchs­mann­schaften. Dort begann Vil­a­nova 2001 seine Kar­riere als Trainer. Sechs Jahre später wech­selte er dann als Co-Trainer von Guar­diola zur zweiten Mann­schaft der Kata­lanen, ehe die beiden 2008 gemeinsam Bar­ce­lonas Profis über­nahmen. Stets stand er in Guar­diolas Schatten, bis Vil­a­nova im ver­gan­genen Sommer Bar­ce­lonas Chef­trainer wurde. Und alle fragten sich: Wer ist dieser Mann, der da die beste Mann­schaft der Gegen­wart anver­traut bekommt?

Vor allem ist es einer, der das Risiko nicht son­der­lich schätzt. Was er denn als neuer Trainer so alles machen wolle, wurde Vil­a­nova vor der Saison gefragt. Auf jeden Fall nichts Lächer­li­ches“, ant­wor­tete er. Sollte heißen: Alles bleibt wie es war. Tito Vil­a­nova ist ein sehr unauf­ge­regter Mann. Freunde beschreiben ihn als typi­schen Arbeiter, ruhig, ernst, treu. Einer, der selbst im Schlaf an seine Auf­gaben denkt, so sagte Bar­ce­lonas Sport­di­rektor Andoni Zubi­zar­reta bei Vil­a­novas Vor­stel­lung. Sein enormer Arbeits­willen sorgte gerade nach der Krebs­ope­ra­tion für Ver­wun­de­rung. Es war klar, dass sich Vil­a­nova nach dem Ein­griff einer Che­mo­the­rapie unter­ziehen muss. Die kostet viel Kraft, seine Rück­kehr war frü­hes­tens für Mitte Februar ange­dacht. So lange wollte Vil­a­nova aber nicht warten. Anfang Januar saß er beim Stadt­derby gegen Espanyol wieder auf der Bank. Schon 2011 fiel er durch eine unge­wöhn­lich schnelle Rege­ne­ra­tion auf. Nur drei Wochen nach der Ope­ra­tion war er damals zum Team zurück­ge­kehrt.

Mour­inho: Tito wer?“

Der brei­teren Öffent­lich­keit bekannt wurde Vil­a­nova erst­mals vor andert­halb Jahren. Reals Madrids Trainer José Mour­inho hatte ihm beim Supercup im Gerangel einen Finger ins Auge gesto­chen. Danach sti­chelte Mour­inho. Ange­spro­chen auf Vil­a­nova, fragte der Por­tu­giese: Tito wer?“ Der anwor­tete erst gar nicht, Mour­inhos Attacke war ihm ein­fach zu blöd. Viel lieber steckte er all seine Energie in das Aus­ar­beiten tak­ti­scher Kon­zepte. Vil­a­nova gilt als Mas­ter­mind, Guar­diola ent­wi­ckelte seine Match­pläne stets in enger Zusam­men­ar­beit mit ihm. Bei einem Teller Schne­cken, der Leib­speise beider, tauschten sie ihre Gedanken aus. Meis­tens waren sie einer Mei­nung.

Die Geschichte der zwei ist eng mit­ein­ander ver­bunden, seit ihrer gemein­samen Zeit in Bar­ce­lonas Jugend­aka­demie sind sie Freunde. Sie ver­loren sich auch dann nicht aus den Augen, als Vil­a­nova gehen musste, weil er als zen­traler Mit­tel­feld­spieler nicht gut genug für den FC Bar­ce­lona war. Er bestritt seine Kar­riere bei meh­reren kleinen Ver­einen in Spa­niens erster und zweiter Liga, wäh­rend Guar­diola in Bar­ce­lonas Mit­tel­feld zum Welt­star wurde.

Als Guar­diola 2007 den Job als Trainer der zweiten Mann­schaft ange­boten bekam, machte er zur Bedin­gung, dass Vil­a­nova sein Co-Trainer wird. Schon als Spieler war Guar­diola von dem tak­ti­schen Ver­ständnis seines Freundes beein­druckt. Außerdem impo­nierte ihm dessen Mut. Als Jugend­li­cher dis­ku­tierte Vil­a­nova einmal leb­haft mit dem Trainer, weil ihm etwas nicht gefiel. Der Coach war Carles Rexach, Barcas Flü­gel­stürmer der ersten Cruyff-Ära. Eine Legende. Guar­diola hätte sich das nicht getraut. Warum es für Vil­a­nova nicht zu einer großen Kar­riere reichte, konnte Guar­diola nie so richtig ver­stehen.

Rekord: 18 Siege in 19 Spielen

Den Posten des Chef­trai­ners beim FC Bar­ce­lona hatten viele Vil­a­nova nicht zuge­traut, was auch mit dessen Her­kunft zusam­men­hängt. Der 44-Jäh­rige stammt aus dem kata­la­ni­schen Dorf Bell­caire d’ Empordá nahe Girona. 600 Ein­wohner, eine eigene Welt, fernab der Mil­lio­nen­me­tro­pole Bar­ce­lona. Von der Auf­ge­regt­heit des Fuß­ball­ge­schäfts lässt er sich nie anste­cken.

Auch nicht am Wochen­ende, als seine Mann­schaft beim 2:3 in San Sebas­tian die erste Nie­der­lage der lau­fenden Saison kas­sierte. Ich kann meiner Mann­schaft keinen Vor­wurf machen, sie hat gut gespielt“, ant­wor­tete Vil­a­nova den auf­ge­regten Jour­na­listen, die monierten, wie leicht­fertig Barca den 2:0‑Vorsprung her­ge­schenkt hatte. Ein Schön­heits­fehler, mehr ist das Ergebnis ohnehin nicht. Bar­ce­olna spielt unter Vil­a­nova eine fast per­fekte Saison. In der Hin­runde blieb die Mann­schaft unge­schlagen, gewann 18 von 19 Spielen. Nur gegen Real Madrid gab es ein 2:2. Eine solche Bilanz schaffte noch kein Trainer mit seinem Team in der Geschichte der Pri­mera Divi­sion.

Vil­a­nova ist für den FC Bar­ce­lona ein Glücks­griff, so wie es Guar­diola einer war. Das er dessen Nach­folger wurde, war für Vil­a­nova kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich. Als Zubi­zar­reta an ihn heran trat, um ihm den Job zu offe­rieren, bestand Vil­a­nova darauf, erst mit Guar­diola Rück­sprache zu halten. Er sagte: Ich habe nur vier echte Freunde. Und keiner davon ist es wert, ihn zu ver­lieren, nur um Trainer vom FC Bar­ce­lona zu werden.“ Es gibt schließ­lich wich­ti­geres als Fuß­ball.

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